Seipp News | Wissenswertes über die großen Designer aus zwei Jahrhunderten, über Aktuelles aus der Welt des Einrichtens, Möbelkulturelles und mehr.
Im Gespräch
mit Volker Seipp, Geschäftsführer bei Seipp Wohnen in Waldshut
Oft kopierte Meisterwerke des Möbeldesigns
Seipp News: Herr Seipp, billig produzierte Möbelkopien sind nach wie vor ein Problem, mit dem sich die Hersteller hochwertiger Möbelklassiker konfrontiert sehen. Was sagen Sie als Händler dazu?
Wir setzen uns schon lange mit diesem Thema auseinander und verfolgen die Entwicklung aufmerksam. Unsere Einrichtungshäuser vertreiben sehr hochwertige Einrichtungen, bei denen Designklassiker eine wichtige Rolle spielen.
Es gibt eine ganze Reihe bekannter Entwürfe, die gern kopiert werden und die Nachfrage scheint ungebrochen hoch zu sein. Für uns ist jede einzelne Kopie Teil eines Raubzuges an den kulturellen Werten einer ganzen Gesellschaft.
Wie ist das zu verstehen?
Ich spreche von Authentizität. Designklassiker gehören wie Kunst- und Musikwerke, Literatur, Architektur und technische Errungenschaften zu den Schätzen unserer Kultur. Der Erschaffung eines guten Produktes geht manchmal eine jahrzehntelange Entwicklungsarbeit voraus. Nehmen Sie zum Beispiel den Panton Chair. Verner Panton begann mit dem Entwurf für diesen Klassiker 1959. Acht Jahre später ging der Stuhl bei Vitra in Serienproduktion und wurde seitdem mehrfach überarbeitet. Erst 1999 – über 30 Jahre später – konnte er dann so gefertigt werden, wie Panton ihn ursprünglich erdacht hatte: aus durchgefärbtem strapazierfähigem Kunststoff mit einer mattglänzenden Oberfläche. Der Stuhl musste sozusagen warten, bis die technischen Entwicklungen in der Herstellung von Kunststoff so weit waren. In die Überarbeitungsphasen müssen unglaublich viele Mittel und Energie geflossen sein.
Wenn sich dann Plagiateure freizügig an der Idee bedienen, leiden der Designer, der Hersteller, der Fachhändler und schlussendlich auch der heimische Arbeitsmarkt.
Nicht alle Plagiate sind illegal. Wie wollen Sie sich gegen Nachbauten wehren, die nach Ablauf von Urheberrecht oder Lizenzen entstehen?
Gut, das Urheberrecht erlischt fast überall in Europa 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Trotzdem ist und bleibt der Entwurf das geistige Eigentum seines Schöpfers und natürlich auch der Nachkommen. Sie haben ein Recht darauf, von den produzierten Stückzahlen zu profitieren, genauso wie der Hersteller, der – wie im Falle des Panton Chairs – viel in die Entwürfe investiert hat. Der Kopist hatte keine Entwicklungskosten, er muss keine Mittel für die Vermarktung aufwenden. Er stiehlt ganz einfach – und daran ändert in meinen Augen auch ein abgelaufenes Urheberrecht nichts – das geistige Eigentum anderer.
Dagegen wehren können wir uns kaum. Wir können nur erklären, wie viel mehr ein Original ist, als die Kopie jemals sein kann. Und die Hersteller unterstützen, die den Kopisten den Kampf angesagt haben.
Wie aktiv gehen die Hersteller gegen den Plagiathandel vor?
Leider bedeutet ein aktives Vorgehen eine Menge Geld in die Hand zu nehmen und oft nur wenig zu erreichen. Auch andere Branchen bekommen das seit Jahren schmerzhaft zu spüren, zum Beispiel die Musik- oder die Technikbranche.
In Deutschland und der Schweiz gilt ein Urheberrecht von 70 Jahren nach dem Tod des Gestalters. In Italien dagegen war es lange Zeit erlaubt, Möbelkopien herzustellen und zu vertreiben. Dort haben einige Hersteller erbittert gekämpft und schließlich eine Gesetzesänderung erwirkt. Seitdem gilt auch dort das übliche Urheberrecht. Was dazu geführt hat, dass sich der Vertrieb größtenteils nach England verlagert hat, wo das Urheberrecht schon 25 Jahre nach der ersten Veröffentlichung erlischt. Aber auch das ist bald Vergangenheit, denn dieser Tage wurde vom britischen Parlament eine Anpassung an die EU beschlossen, die voraussichtlich ab 2014 wirksam wird.
Gefreut hat uns 2012 die Aktion von Tecnolumen, Hersteller der berühmten Wagenfeld-Leuchte. Im Aktionszeitraum konnte jeder Kunde ein erworbenes Plagiat der Leuchte kostenlos in ein Original umtauschen. Vielleicht hat das manchen die Augen geöffnet.
Wie gut sind die Kopien?
Optisch sind sie seit jeher für den Laien kaum vom Original zu unterscheiden. Einzelne Hersteller kennzeichnen die Originalprodukte entsprechend. Mit bloßem Auge sehen auch wir nur an wenigen Details die Unterschiede. Zwar sind die meist in China produzierten Teile schon „besser“ geworden, aber bedenken Sie, dass sie qualitativ niemals mit dem Original mithalten können. Garantien bekommt man auch keine, genauso wenig Ersatzteile. Übrigens sollte man ebenfalls die Finger von Internetkäufen lassen. Viele Käufer – gerade bei englischen Anbietern – haben in der Vergangenheit per Vorkasse bezahlt und das Möbelstück nie erhalten. Häufig werden die Lieferungen auch vom Zoll beschlagnahmt und vernichtet, auch dann hat der Käufer einfach Pech gehabt.
Die Preisunterschiede sind zum Teil erheblich. Ist es da nicht verständlich, zur Kopie zu greifen?
Da kann ich nur mit einem Zitat antworten. Der Designer Tito Agnoli hat es treffend auf den Punkt gebracht:
Wenn man ein Plagiat kauft, freut man sich kurz und leidet dann das ganze Leben. Wenn man ein Original kauft, leidet man kurz und freut sich sein ganzes Leben.
Bei uns bekommen Sie nur das Original, das seinen Preis wert ist – und eine gute Einrichtungsberatung dazu.